22. Januar 2014

„Ich wusste vorher rein gar nichts darüber“

Eine lebhafte Diskussion mit 100 Schülerinnen der Marienschule, Mitmach­aktionen in der Fachhochschule und im Klinikum Fulda sowie ein Filmabend mit Studenten der FH im Café Chaos: auch der dritte Tag der „sport grenzenlos“ Inklusionstour war ein voller Erfolg.

Erste Station des sport grenzenlos Teams war am Mittwochmorgen die Marienschule in Fulda. In der Mensa des Mädchen-Gymnasiums trafen die Paralympischen Nationalspieler Holger Nikelis, Selcuk Cetin und Jannik Schneider auf rund 100 Schülerinnen. Eigentlich war eine Diskussions- und Fragerunde in der Aula geplant. Acht Treppenstufen am Eingang der Schule verhinderten jedoch den Zugang für die Rollstuhlfahrer. Gemeinsam mit Schulleiter Dr. Oswald Post entschied die Gruppe, das Treffen in die im Erdgeschoss liegende Mensa zu verlegen. Dort arbeiten auch fünf Menschen mit Behinderung, da die Schule mit dem Fuldaer Antoniusheim kooperiert. „Ein guter Ort für eine sport grenzenlos Aktion“, fand dann auch sport grenzenlos Initiator Nikelis.

Nach einer Begrüßungs- und Vorstellungsrunde durch Moderator Peer-Boris Weichsel konnten die Schülerinnen ihre Fragen an die Sportler stellen. Als die erste Schüchternheit abgelegt war, entwickelte sich ein munteres Frage-Antwort-Spiel. „Ich bin total erstaunt, wie die drei mit ihrer Behinderung umgehen und wie offen sie unsere ­Fragen beantwortet haben“, sagte die 15-jährige Sammy. In der Tat wurden die Fragen im Verlaufe der Fragerunde  immer persönlicher. „Wie geht Ihr mit Eurem Handicap um, wenn Ihr Frauen kennenlernt?“ oder „Wie war es, als ihr Vorstellungsgespräche hattet?“, wollten die Zehntklässlerinnen von den Sportlern wissen. „Auf diese Weise können Vorstellungen und Erwartungen der jungen Frauen gegenüber Menschen mit Behinderung positiv verändert werden. Eine super Sache“, sagte Schulleiter Post.

Bei der anschließenden Autogrammstunde, kamen die Beteiligten noch einmal ins ­persönliche Gespräch. „Ich wusste vorher rein gar nichts über Menschen mit Behinderungen“, gab Laura zu. „Diese tolle Begegnung wird mir in Zukunft enorm helfen“, war sich die 15-jährige sicher.

Für das sport grenzenlos Team ging es weiter zur Fachhochschule der Stadt Fulda. Dort trafen Nikelis & Co. auf das Hochschulsport-Team um Jan Ries. Erstmals war auch der Europameisterschaftsdritte von 2013 im Behinderten-Tischtennis, Thorsten Schwinn mit von der Partie. Zusammen mit Selcuk Cetin beeindruckte er die Studenten mit rasanten Ballwechseln bei einem Show-Match. Zuvor hatte der Hochschulpräsident, Karim Khakzar, das sport grenzenlos Team in der Mensa am Campus begrüßt. „Ich habe die Inklusionstour über die Medien verfolgt und bin von der Eigen­dynamik dieses Projekts begeistert“, sagte Khakzar. „Da wollten wir natürlich auch dabei sein.“ Nach ­einer aufregenden Stunde am Tisch stärkten sich Sportler und Studenten gemeinsam in der Mensa. „Das Spielen mit den Behindertensportlern und auch die ­Perspektive aus dem Rollstuhl war etwas ganz Neues für mich“, sagte etwa der 23 Jahre alte ­Student Michael.

Weiter ging es ins städtische Klinikum in Fulda. In der Eingangshalle fand das Team genug Platz für eine weitere Show- und Mitmachaktion. Schon nach wenigen Minuten spielten Nationalspieler, Ärzte, Mitarbeiter und Patienten Seite an Seite Tischtennis. „Ich bin froh, dass Selcuk Cetin mir am Tisch eine Chance gelassen hat“, meinte etwa der Chefarzt der Chirurgie, Dr. Achim Hellinger mit einem Augenzwinkern. „Es ist schon enorm, wie schnell und welche Winkel die Nationalspieler hier zaubern.“

Während der 90-minütigen Aktion schwang auch der Vorstandssprecher des Klinikums, Thomas Menzel den Schläger. „Wir freuen uns sehr, Partner der Inklusionstour von sport grenzenlos zu sein. Wir haben ja auch Mitarbeiter mit Behinderung in den verschiedenen Abteilungen. Ich bin froh, dass jemand wie Holger Nikelis dieses sensible Thema so energisch anpackt.“

Am Abend wurde es dann etwas entspannter für das Inklusionstour-Team. Im Studenten-Treff „Café Chaos“ hatte sport grenzenlos zum gemeinsamen Filmabend ­geladen. Auf der Leinwand lief die Dokumentation „My way to Olympia“ von Regisseur Niko von Glasow, der unterschiedliche Sportler auf ihrem Weg zu den Paralympics in London begleitet hat. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmer - mittlerweile verstärkt um den zweifachen Medaillengewinner bei den Paralympics in London und Behinderten­sportler des Jahres, Thomas Schmidberger - zusammen mit den Studenten über den Film und ihre Erfahrungen mit dem Leistungssport. Mit dabei auch die beiden Paralympics­siegerinnen Michaela Floeth (Kugelstoßen) und Manuela Schmermund (­Sportschießen).

„Mehr Paralympische Kompetenz ging eigentlich schon fast nicht mehr. Wir hoffen, dass wir den Studenten  zeigen konnten, was mit Behinderung alles möglich ist und was Leistungssport für uns bedeutet“, sagte Initiator Holger Nikelis. Mathias Leilich, Präsident des Lions Club Fulda, der das sport grenzenlos Team den gesamten Tag über tatkräftig unterstützte, ließ sich die Filmvorführung ebenso wenig entgehen, wie ­mehrere Teilnehmer der Interessengemeinschaft barrierefreies Fulda um Rainer ­Lindenthal.

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